Ein hochkarätig besetztes Podium traf sich auf Einladung des SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Fechner am 4. Oktober in Bad Krozingen um zum Thema Missbrauch und Kinderschutz zu diskutieren. Neben Fechner, der in der Bundestagsfraktion u.a. für Rechtspolitik zuständig ist, dem Vorstandsmitglied des Deutschen Kinderschutzbundes Christian Zainhofer, dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig war auch der Freiburger Kripochef Peter Egetemaier dabei.
Er schilderte eindrucksvoll die schwere Arbeit der Ermittler im Staufener Missbrauchsfall, in dem er und seine Kollegen völlig neue Dinge und Dimensionen des Missbrauchs unter Nutzung des Internets lernen mussten. Sein Hauptanliegen an die Politik war insbesondere die Erweiterung der rechtlichen Grundlage für die Ermittlungen. Der Bund wolle der Polizei den Weg freimachen, mit künstlich erstellten Kinderpornos im Internet leichter an die Täter heranzukommen, versprach Johannes Fechner. Ähnlich wie in der Drogenkriminalität bedarf es der Erlaubnis für die Polizei, klar begrenzte Straftaten zu begehen, um entsprechende Einstiegsprüfungen seitens der Täter zu überwinden.
Missbrauch ist leider Alltag in Deutschland, wie der Missbrauchsbeauftragte Rörig betonte: Seit 2011 wurden rund 100.000 Verfahren geführt, dazu kommen noch einmal rund 50.000 Verfahren wegen sogenannter "Kinderpornos", die Rörig als "Missbrauchsdarstellungen" bezeichnet.
Zu einem großen Problem würden zunehmend auch sexuelle Gewalt von Kindern und Jugendlichen untereinander und das sogenannte "Sexting": Dabei verschicken Kinder und Jugendliche Nacktfotos von sich an vermeintliche Freunde, die Bilder gelangen ins Netz und die Opfer werden so erpressbar gemacht und öffentlich bloßgestellt. Die Belastungen bis hin zum Suizid seien enorm.
Christian Zainhofer vom Kinderschutzbund fordert das der Kinderschutz endlich, gemäß der UN-Kinderrechtskonvention, auch in Deutschland mehr Berücksichtigung findet und ins Grundgesetz aufgenommen wird.
Sein Appell: „Jeder, der mit Kindern zu tun hat, ist gefragt", wenn es darum geht, Missbrauch zu verhindern und ihm entgegenzutreten. Kinder müssten in Kinderschutzverfahren von den Gerichten angehört werden und einen Rechtsbeistand bekommen.
Das Bewusstsein für das Thema in Schulen, Sportvereinen und Kitas gilt es zu schärfen, so Rörig. Der Handlungsbedarf sei enorm: Fortbildung und Aufklärung seien Pflicht und er hoffe, dass die Länder hier auch die entsprechenden Mittel einsetzen. Es gibt viel Material und Broschüren dazu, die an jeder Schule, in jedem Sportverein genutzt werden sollten, genauso wie die verbindliche Einführung eines Kinderschutzkonzepts an diesen wichtigen Schnittstellen und Schutzräumen für Kinder.
LehrerInnen, TrainerInnen, ÄrztInnen müssen geschult und ermutigt werden auf Anzeichen von Gewalt und Missbrauch frühzeitig zu reagieren. Kriminaldirektor Egetemaier betont, wie wichtig es ist sich im Verdachtsfall frühzeitig an die Polizei zu wenden, es gibt kein zu frühes, oft aber ein zu spätes Handeln derjenigen die Kontakt zum Kind haben und Missbrauchsfälle erkennen könnten.
Thomas Thürling